Stephan

2. Juni 20213 Min.

Fronleichnamsprozessionen und rituelle Flurumgänge aus vorchristlicher Zeit

Am 3. Juni feiert die katholische Kirche das Fronleichnamsfest. Fronleichnam leitet sich aus dem Mittelhochdeutschen fron (Herr) und lichnam (Leib) ab. Zugrunde liegt die Glaubensüberzeugung, dass Gott in Brot und Wein mitten unter den Gläubigen ist. Im Anschluss an den Gottesdienst finden in vielen kirchlichen Gemeinden die Fronleichnamsprozessionen statt. Dabei wird die Monstranz (eine konsekrierte Hostie) traditionell zu vier Altären getragen. Die vier Altäre symbolisieren die vier Himmelsrichtungen. An den Altären wird dann für die Anliegen der Menschen der Gemeinde und um den Segen Gottes gebetet.

Prozession meint voranschreiten. Eine Prozession ist ein ritueller Fußmarsch mit einer bestimmten Absicht.

Die Fronleichnamsprozessionen haben ihren Ursprung weit zurück in vorchristlicher sog. heidnischer Zeit. Deshalb waren Prozessionen auch im frühen Christentum bis etwa ins 4. Jahrhundert. verpönt.

Die Wurzeln solcher Prozessionen liegen in den Flurumgängen zur jährlichen rituellen Erneuerung oder Weihung der Sippen- oder Clangrenzen. Die Grenzen waren und sind, bis auf die wenigen Grenzsteine oder Grenzhaufen nicht sichtbar. Deshalb wurden diese heiligen Grenzen einmal im Jahr rituell erneuert, indem die Grenzen durch die Bewohner abgeschritten, umgangen wurden. Dabei prägten sich die Grenzen zum einen ins Bewusstsein der Bewohner ein und zum anderen entstand durch diese Umgänge eine energetische Grenze. Solche alten grenzen können auch heute noch zum Teil radiästhetisch gemutet werden.

Neben der Fronleichnamsprozession hat sich der Flurumgang in vielen anderen Traditionen und Bräuchen gehalten.

So gibt es im Burgenland heute noch mancherorts die „Hotterbegehnungen“, (Hotter, aus dem ungarischen für Grenze) eine gemeinschaftliche Begehung der Gemeindemarken. Dabei werden die in den „Hotterhaufen“ (Grenzhügel) steckenden Grenzpflöcke durch neu mit der aktuellen Jahreszahl beschriftete ersetzt, bzw. die bestehenden Grenzsteine werden von Bewuchs befreit und neu gekalkt.

Früher wurden die jungen Knaben der Gemeinde mitgeführt und bekamen an jedem Hotterhaufen eine Ohrfeige oder wurden dort ins Ohr gezwickt, damit „sie sich als Nachkommen die Hottergrenzen merken“. In Weiden am See wurde in die Vertiefung der Hottersteine Wein geschüttet, den die jungen schulmündigen Buben austrinken mussten, wobei ihnen die Dorfalten einen auf das Hinterteil versetzten. Im Anschluss an die Begehung trafen sich die Beteiligten an einem ausgemachten Punkt und fertigten den sogenannten „Zoachabam“ (Zeiger- oder Zeichenbaum) an. Ein walzenförmiges Bündel aus Fichten- und Tannenreisig, das an einem entästeten Ast festgemacht und mit bunten Bändern geschmückt wurde. Nach getaner Hotterbegehung wurden solche Bündel am Gemeindegasthaus gut sichtbar angebracht, um den Bewohnern die erfolgreiche Hotterbegehung zu verkünden.

In Deutschland, im Fränkisch-Hennebergischen war die „Grenzbegehung“ bis ins vorletzte Jahrhundert noch ein beliebtes Volksfest, das jähr­lich im Frühling stattfand. „Zu derselben, von dem Ortsvorstand ausgehend und ausgeführt, wurden die größeren Schulknaben herangezogen. Um den Grenzstein besser im Gedächtnis zu behalten, führte man die Knaben am Ohre um den Stein herum und besiegelte das Ganze mit einer tüchtigen Ohrfeige“ (Balthasar Spieß, Volksthümliches aus dem Fränkisch-Hennebergischen. Wien 1869.S. 120.)

Im bayrischen Königsberg wird alle 20 Jahre, unter Führung der Feldgeschworenen und Märker, die ganze Flurgrenze der Kernstadt zu den Nachbargemeinden abgelaufen und es wird der Sitz der einzelnen Grenzsteine überprüft. Rund 24 Kilometer ist diese Strecke lang und sie wird an einem Tag absolviert. In früheren Jahrhunderten wiederholten sie sich alle sieben Jahre. Erstmals erwähnt wurde der Brauch im Jahre 1607. Vom Marktplatz geht es hinauf zum Altershäuser Berg und dem ersten Grenzstein mit folgender Inschrift: “H - F - D - K - A - W - S - U - D - F - G - Z - L - H”. Dies bedeutet nichts anderes als “Hier Fangen Die Königsberger An, Wenn Sie Um Die Flur Gehen, Zur Linken Hand”. Beim Umgang kommt es zum rituellen “Stauchen”: Ein Junge oder ein Mädchen wird dreimalhoch gehoben und mehr oder weniger sanft auf den Stein ”gestaucht”, anschließend werden sie dreimal am Ohr um den Stein geführt. (https://www.königsberg.de/tourismus-und-kultur/lebendige_historie/der-flurumgang)

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