Die Frühlingstagundnachtgleiche – Eine besondere Schwellenzeit im Jahreslauf
- 18. März
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Aktualisiert: 18. März
Der Lauf der Sonne
Wenn wir den Lauf der Sonne über das Jahr hinweg beobachten, erleben wir, wie sich ihre Auf- und Untergangspunkte am Horizont stetig verändern. Zur Wintersonnenwende erscheint die Sonne an ihrem südöstlichsten Aufgangspunk und verschwindet am südwestlichsten Untergangspunkt wieder in die Erde hinein.
Im Lauf des Jahres wandern die Auf- und Untergangspunkte stetig weiter nach Norden, bis sie zur Frühlingstagundnachtgleiche exakt im Osten auftaucht und exakt im Westen wieder in die Erde hinein versinkt.
Anschließend setzt sich ihre Reise am Horizont weiter nach Norden fort, bis sie zur Sommersonnenwende im Juni ihren nordöstlichsten Aufgangspunkt und ihren nordwestlichsten Untergangspunkt erreicht.
Nach dem längsten Tag und der kürzesten Nacht im Jahreslauf beginnt die Sonne ihren Rückweg. Ihre Auf- und Untergangspunkte wandern am Horizont nun allmählich wieder südwärts. Zur Herbsttagundnachtgleiche geht sie erneut exakt im Osten auf und im Westen unter, ehe sie zur Wintersonnenwende – zur längsten Nacht und dem kürzesten Tag des Jahres - wieder ihren südöstlichsten Aufgangspunkt und südwestlichsten Untergangspunkt erreicht.
Das Rad des Lebens
Der Jahreslauf der Sonne steht symbolisch für das Rad des Lebens und für den ewigen Tanz vom Werden, Sein, Vergehen und der Wiederkehr, dem Rhythmus allen Lebens. Alles ist eingebunden und wird vom Rad des Lebens durch die sich gegenseitig bedingenden und ergänzenden großen Pole Hell und Dunkel, Fülle und Dürre, Diesseitiges und Jenseitiges Sein getragen.
Die frühen Menschen erkannten eine unsichtbare, göttlich-weibliche (Schöpfer-)Kraft die dieses Rad am Laufen hielt. Es war die Mutter Erde, ihre große Göttin, die alles Leben, auch die Sonne, aus der Erde heraus gebiert und wieder in die Erde zurückholt, die den Schöpfungsraum aufspannte und alle ihre Kinder ernährte.
Bräuche und Rituale zur Frühlingstagundnachtgleiche
Viele alte Feuerbräuche, deren Ursprünge tief in vorchristlicher Zeit wurzeln, haben sich bis heute erhalten. In den Jahreskreisfesten wurde einst die Große Mutter Erde und ihre unsichtbare Kraft gefeiert, damit sich das Rad des Lebens immer weiterdrehen konnte. Denn nur wenn dieses Rad sich stetig bewegte, blieb das Leben bestehen.
Um die Frühlingstagundnachtgleiche wurde – und wird mancherorts noch heute – symbolisch der Winter verabschiedet: Die "Winteralte", oft als Strohpuppe in Rautenform dargestellt, wird verbrannt. Denn auch die große Göttin, Mutter Erde, alterte entsprechen der Vegetation im Jahreslauf.

Symbolisch wandelt sich die Göttin durch das Verbrennen von der Winteralten, der Dürren, zum junge Frühlingsmädchen, dem weißen Aspekt, und bringt die neue Lebenskraft mit, die sie den Pflanzen, Tieren und Menschen schenkt damit sich wieder alles ausdehnen, wachsen und gedeihen möge. Über Fluren und Wälder schreitend, bringt sie Leben hervor. Alles, was sie berührt, beginnt zu grünen und zu blühen. Schon auf den dunklen Zweigen des Schwarzdorns zeigt sie sich im weißen Blütenkleid, lange bevor sich Blätter entfalten.

An alten Kultplätzen werden glühende Scheiben ins Tal geschlagen – sie symbolisieren die Sonne, das Licht, die helle Zeit, die nun ins Land zurückkehren soll. Segenssprüche und Reime begleiten dieses Ritual, um Fruchtbarkeit und Nahrung für die Menschen zu erbitten.
„Scheibe, Scheibe, dich will ich treiben, Schmalz in der Pfanne, Korn in der Wanne, Käse in der Tasche, Pflug in der Erde! Schau wie meine Scheibe fliegt!“

Auch Perchtenläufe sind noch mancherorts zu sehen. Die Frau Percht – auch Berchta oder Perachta (die Helle, die Strahlende) genannt – zieht über Wiesen, durch Heine und Dörfer, bringt Segen für Haus und Hof, und überträgt mit der Weidenrute Fruchtbarkeit auf Frauen mit Kinderwunsch und auf das Vieh.
Orakel zur Frühlingstagundnachtgleiche
Entlang der vielen großen und kleinen Zyklen, die das Leben durchziehen, gibt es besondere Schwellenzeiten – Übergangsmomente mit mystischer Kraft. Im Sonnenjahr sind das die beiden Sonnenwenden im Juni und Dezember sowie die Tagundnachtgleichen im Frühling und Herbst. Es sind Wendepunkte, an denen entweder Hell oder Dunkel ihren Höhepunkt erreichen – oder beide Kräfte in vollkommenem Gleichgewicht stehen.
Die Frühlingstagundnachtgleiche markiert die Mitte der Reise der Sonne von ihrem südöstlichsten zu ihrem nordöstlichsten Aufgangspunkt – eine besondere Schwellenzeit. Tag und Nacht sind in perfekter Balance. Doch von nun an übernimmt das Helle die Vorherrschaft. Das war aber für die frühen Menschen kein Automatismus. So wurde orakelt, um zu erfahren, ob es auch tatsächlich so kommen wird, dass das Helle für eine bestimmte Zeit das Zepter vom Dunklen übernimmt. Orakelt wurde mit Spielen die uns heute als Brettspiele, wie z.B. das Mühle-Spiel, bekannt sind. Die Spielfiguren sind in Weiß und Schwarz gehalten und symbolisieren die Helle und die Dunkle Zeit, die im Spiel um die Oberhand ringen. Diese Spiele dienten aber nicht nur als Orakel, sondern durch das Spielen wurde rituell das Rad des Lebens und die Mutter Erde und ihre Kräfte gefeiert.

Danke für diesen wunderschönen Beitrag! 🫠