Das Märchen von Hänsel und Gretel wurde unter der Verzeichnisnummer KHM 15 von den Gebrüdern Grimm in ihre Märchensammlung aufgenommen. Neben dieser Variante gibt es noch viele weitere Varianten aus anderen Ländern und Kulturen, die zum Teil noch nicht so starkpatriarchal verformt sind als die Variante der Gebrüder Grimm.
Hier kannst Du das Märchen der Gebrüder Grimm nachlesen: https://de.wikisource.org/wiki/H%C3%A4nsel_und_Gretel_(1812)
Im diesem Märchen der Gebrüder Grimm leben Hänsel und Gretel mit ihren Eltern sehr ärmlich am Rande einse Waldes. Als die Eltern ihre beiden Kinder nicht mehr ernähren können, schicken sie diese in den Wald, in dem sie sich bald verirren und nach einer gewissen Zeit auf einer Waldlichtung auf ein Lebkuchenhaus stoßen. Dort wohnt eine alte Hexe, die Hänsel und Gretel ins Haus lockt. Die Hexe sperrt Hänsel weg und mästet ihn, da sie ihn später verspeisen möchte. Gretel muss derweil sämtliche Hausarbeit verrichten. Als die Hexe den Ofen einheizt, in dem Hänsel gebraten werden sollte, stößt Gretel die Hexe in den Ofen die dann dort verbrennt. Die Kinder finden im Haus der Hexe viele wertvolle Schätze und kehren mit diesen zu ihren Eltern zurück.
Das Märchen ist bereits stark patriarchal verformt. Der schwarze Aspekt der Göttinnen Triade, die weise Greisin, Herrin über die Unterwelt und Hüterin der transformatorischen Kräfte, die den ewigen Zyklus vom Werden und Vergehen in Gang hält, wurde zu einer kindermordenden, bösen alten Hexe dämonisiert.
Der Wald steht symbolisch für die Unterwelt und die Waldlichtung für das Jenseitsparadies in dem die große Göttin in ihrem schwarzen Aspekt, die weise Alte, wohnt. Davon zeugen auch ihre Symboltiere, die schwarzen Raben und die schwarze Katze. Das Lebkuchenhaus zeigt uns die unerschöpfliche Fülle der nährenden Lebenskraft der großen Göttin.
Gretel begibt sich ähnlich wie Goldmarie im Märchen „Frau Holle“ auf eine Jenseitsreise in die Unterwelt und muss - auch wie Goldmarie - Hausarbeit verrichten. Während dieser Jenseitsreise eignet sich Gretel im Rahmen einer Initiation (symbolisch dargestellt durch die Haushaltsarbeiten, die sie durchführen muss) durch die große Göttin in ihrem schwarzen Aspekt der Transformation all ihre Fähigkeiten und Weisheiten (symbolisiert durch die gefundenen Schätze) an um mit der Wintersonnenwende als verjüngtes Abbild, als der weiße, jugendliche Mädchenaspekt der großen Göttin zu erscheinen.
Gretel wird es dann sein, die als „neue“ große Göttin, als Herrin des kommenden Jahres das Jahresrad weiterdrehen und in sich in ihren verschiedenen Aspekten zeigen wird. Am Ende des Jahres wird sie wiederum im Rahmen einer Initiation all ihre Weisheit und all ihre Fähigkeiten an ihre Nachfolgerin übergeben. So wird der ewige Zyklus vom Werden und Vergehen, der der ganzen Natur, dem gesamten Kosmos immanent ist, aufrecht erhalten.
In anderen Varianten des Märchens waren es drei Schwestern, die in den Wald geschickt wurden, von denen Gretel, als die jüngste der drei, als Erbprinzessin bestimmt war. Die Schwestern wurden im Zuge der patriarchalen Verfärbung des Märchens durch Hänsel ersetzt.
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