Unsere Ahnen, weit vor unserer Zeitrechnung, betrachteten die Welt, den gesamten Kosmos, als göttlich und sie selbst waren ein immanenter Teil dieser Welt. Sie waren also mit allem in der Welt verbunden. Das Göttliche lebte in Allem und in Jedem. Deshalb wurde auch jedes Wesen, jede Pflanze, jeder Stein, ja die ganze Natur geachtet und respektiert. Dieses Weltbild wurde vom Verbundensein in jeder Existenz durchdrungen.
In zahlreichen Märchen und Mythen, deren Ursprünge in der Frühgeschichte Europas, des Mittelmeerraumes oder des Orients zu suchen sind, finden wir Hinweise auf diese Allverbundenheit der Welt. Märchen und Mythen haben einen sozial-historischen Kern, und bieten uns einen Scheinwerfer, um das Dunkel längst vergangener Ereignisse und Weltsichten etwas zu erhellen. In diesen Mythen und Märchen standen menschliche und nichtmenschliche Wesen gleichberechtigt nebeneinander. Eine Verständigung zwischen der menschlichen und nicht-menschlichen Natur über eine gemeinsame Sprache war selbstverständlich und immanent gegeben. Alle Wesen konnten gegenseitig die Gestalt wechseln und ihr Tod war nichts Endgültiges, sondern nur eine anderer Seinszustand.
Ihre universelle und gleichzeitig sehr konkrete Göttin war die Erde selbst. Sie zeigt sich lokal in der Landschaft in ihren vielen unverwechselbaren Gesichtern. Die Menschen wohnten auf und mit ihrer Göttin, die durch die Elemente wirkte, sichtbar und spürbar war. Sie verehrten ihre Göttin und feierten ihre - die Welt gestaltenden – Kräfte rituell und im Zyklus der Jahreszeiten.
Unseren Ahnen aus dieser Zeit war ein Trennungsgedanke, der den Menschen von der Natur trennt, ihn über die Natur stellt, oder den Geist gegen die Natur stellt fremd. Spirituell gab es für sie keinen abstrakten, transzendenten, monotheistischen Schöpfergott, der irgendwo außerhalb der Welt, der Natur sein Dasein hat.
Eine solche Trennung zwischen Menschen und Natur, Geist und Natur ist mit dem Aufkommen patriarchaler Gesellschaftsstrukturen beobachtbar. Dieser Trend beschleunigte sich mit der Neuzeit und einer von den Natur- und Wirtschaftswissenschaften dominierten Weltsicht. Die Natur wurde zusehends abgewertet bis hin zur toten Materie. Die Natur wurde zur Ressource. Die Tatsache, dass wir Menschen ein Teil dieser Natur sind, wurde aus unserem Bewusstsein verdrängt. Was folgte, war – und ist immer noch - die fortlaufende Ausbeutung und Zerstörung der Natur und folgerichtig auch von uns selbst, da wir ja ein Teil der Natur sind. Ein für uns Menschen, deren Handeln heute rational und vom Verstand geprägt ist, durchaus irrationaler und unverständlicher Zugang.
Heute benennen und suchen wir diese Allverbundenheit oft in der Verbindung mit der sogenannten unsichtbaren Welt, der Welt hinter uns. Wir müssen uns aber nicht verbinden, sondern wir müssen uns nur bewusstwerden, dass diese Welt nicht hinter uns oder unsichtbar ist, sondern dass wir mittendrinn oder besser ein Teil dieser Welt, der Natur sind und wir immer Teil der Natur sein werden, also immer mit ihr verbunden sind und sein werden.
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