Zu Stephanie a Muckngahn (ein Mückenschritt), zu Neujahr a Hahnentritt, zu Heilig Drei Könige a Hirschensprung und zu Maria Lichtmess a ganze Stund.“ So beschreibt der Volksmund die deutlich zunehmende Helligkeit in den vierzig Tagen nach Weihnachten, in denen sich der lichte Tag zwischen dem 26. Dezember (Stephanie) bis zum 2. Februar (Maria Lichtmess) um gut eine Stunde verlängert.
Den Vorstellungen der patriarchalen christlichen und jüdischen Religionen entsprechend, wurden Frauen durch eine Geburt unrein, und zwar genau für 40 Tage ab der Geburt eines Sohnes und für 80 Tage ab der Geburt einer Tochter, da Frauen als doppelt so unrein wie Männer angesehen wurden (Levitikus 12, 2-5). So legte es die Bibel fest. Sie legte auch fest, dass Frauen vierzig Tage nach einer Kindsgeburt »gereinigt« werden müssen, ansonsten dürfen sie keine Kirche mehr betreten. Diese rituelle Reinigung wurde als »Aussegnung« bezeichnet.
Maria Lichtmess
So kam es, dass Lichtmess zum Fest der Reinigung Mariä wurde. Während des Trullanum, dem Konzil von Konstantinopel, im Jahr 691 oder 692 wurde erfolglos versucht, das Fest der Reinigung Mariä oder Lichtmess abzuschaffen, da die Jungfrau Maria durch die Geburt Christi »keine Befleckung erlitt und daher auch keine Reinigung benötigte«.
Zu Lichtmess begann einst auch das Bauernjahr. Die Bauern begannen wieder mit den Feldarbeiten die seit dem 29. September (Gedenktag für Erzengel Michael) ruhten. Noch bis 1912 war Maria Lichtmess ein offizieller Feiertag und „Schenkeltag“. „Schenkeln“ ist der Ausdruck für das Ausscheiden von Mägden und Knechten, die an diesem Tag ihren Dienstherrn wechselten und ein neues Arbeitsjahr begannen. Die Bauernregeln künden noch heute von der alten Bedeutung: „Wenn`s an Lichtmess stürmt und schneit, ist der Frühling nicht mehr weit, ist es aber klar und hell, kommt der Lenz wohl nicht so schnell.“
Ursprünglich war Lichtmess jedoch kein christliches Fest. Für die heidnischen Römer wurde es als der Tag gefeiert, an dem Juno Februata als jungfräuliche Mutter des Mars verehrt wurde. Ähnlich wie die Lupercalia zwei Wochen später erinnerte auch dieser Tag an die Göttin, die vom "Fieber" der Liebe ergriffen wurde. Die christlichen Autoritäten behaupteten, dass die Heiden nach Rom gingen und "Kerzen zur Ehre dieser Frau Februa verbrannten". Papst Sergius gab diesem Tag einen neuen Namen, "um diesen törichten Brauch zu beenden und ihn auf die Verehrung Gottes und unserer Lieben Frau zu lenken".
Trotzdem blieb Lichtmess weiterhin den Frauen und der Göttin der Liebe gewidmet. An Lichtmess wurden Orakel für die bevorstehende Jahreszeit konsultiert, insbesondere in Bezug auf das Wetter. Daher hieß es, dass die Tiere aus ihrem Winterschlaf erwachten und hilfreiche Vorhersagen über das Ende des Winters machten. In Nordamerika wird Lichtmess heute noch als Groundhog Day (Tag des Waldmurmeltiers) bezeichnet. Ein alter Vers besagt, dass schönes und trockenes Wetter an Lichtmess bedeutet, dass der Winter noch einmal zurückkehrt; regnet es jedoch an diesem Tag, dann ist der Winter endgültig vorbei.
Brigid und Imbolc
Doch auch das christliche Lichtmess hat, wie so viele christliche Festtage, seinen Ursprung und seine Wurzeln weit zurück in vorchristlicher Zeit, als die Spiritualität der Menschen noch von einer großen Göttin bzw. einer Göttin-Trinität geprägt war.
Bei den Kelten entsprach es dem Fest Imbolg (Imbolc), das im alten heiligen Jahreskreis dem großen Lammas-Fest gegenüberstand.
In der katholischen Umdeutung wurde Imbolc [Imbolg] als Mariä Lichtmess mit einem Frauenname und Gedenktag verbunden, der heiligen Brigida [Brigitta] von Kildare. Das Fest der heiligen Brigit fand am ersten Februar statt und markierte im heidnischen Kalender den Beginn des Frühlings als Oimelc, Imbolc, Imbolg oder Imbule.
Brigit hatte in Kildare 19 Priesterinnen, die den 19-jährigen Zyklus des keltischen "Großen Jahres" repräsentierten. Nach Aussage der Griechen besuchte alle 19 Jahre der Sonnengott des Nordens, den nördlichen "Tempel der Mondgöttin". Dies war ein mythologischer Ausdruck für das Zusammentreffen des solaren und lunaren Kalenders. In Wirklichkeit betrug diese Periode jedoch nur 18,61 Jahre, sodass der kürzeste Zeitraum, nach dem sich Sonne und Mond wieder "vermählten", 56 Jahre – ein großes Jahr - betrug. Zwei Zyklen von 19 und einem von 18 Jahren. Die Erbauer von Stonehenge markierten, die die Dauer eines "Großen Jahres" mit Pfosten rund um ihren Kreis.
Brigit war älter als das keltische Irland; sie kam mit den gälischen Kelten aus ihrer ursprünglichen Heimat Galatien. Eines ihrer ältesten Heiligtümer war das illyrische Brigeto. Auch die beiden Quellflüsse der Donau, die Brigach und die Breg („Brigach und Breg bringen die Donau zuweg“), tragen ihren Namen. Birgantia war der römische Name für Bregenz. Am Hafnerberg in Niederösterreich, beim Fuchsbauer, wurde zu vorchristlichen Zeiten mittels eines Landschaftskalenders der Beginn von Imbolc bestimmt.
Brigit oder Brigid, die dreifache Große Göttin der keltischen Mythologie, wurde auf den Britischen Inseln und dem europäischen Festland unter verschiedenen Namen verehrt. Oft in dreifacher Gestalt. Man nannte sie die "drei Brigids", die drei Schwestern. In Irland war ihr Name gleichbedeutend mit "Göttin" und viele Orte tragen ihren Namen. Ihr Attribut war das Feuer uns sie wurde als Schutzherrin der Poesie, Heilkunst und Schmiedekunst verehrt.
Gemeinsam mit Modron, der "Großen Mutter", die den roten Aspekt der Göttin-Trinität verkörpert und Cailleach, die den winterlichen, schwarzen Aspekt verkörpert, dreht sie unabwendbar das Jahresrad und bestimmt das Schicksal aller Erdenkinder. Modron ist für den Sommer verantwortlich, Cailleach übernimmt an Samhain (1. November), und Brigit, als der weiße Aspekt, löst sie zu Imbolc (1. Februar) ab.
Symbolik und Brauchtum
Mit dem Wandel der Jahreszeiten wandelt sich auch die Göttin und ihr Begleiter, ihr Heros. Mit dem Beginn des Frühlings erneuert sich die Göttin aus sich selbst heraus, einer Schlange gleich, die durch regelmäßiges Häuten sich symbolisch ebenfalls regelmäßig erneuert. Von der gealterten Winterfrau, dem dunklen Aspekt der Göttin, wandelt sie sich durch ein Bad in ihrem Jungbrunnen in das junge, selbstbestimmte Mädchen, den weißen Aspekt der Göttin, das wie von Zauberhand alles Leben auf die Erde zurückbringt.
Ihr Partner, der Winteralte oder "der Dürre", wie er oft genannt wird, wird als Strohpuppe verbrannt, um ebenfalls verjüngt als der grüne Mann (wilder Mann) wieder aufzuerstehen. Die erneuerte Göttin, Urmutter Erde, bringt eine neue Vegetation hervor, symbolisiert durch den Grünen Mann.
Die Verbrennungen von Strohpuppen fanden als Kultspiele zu verschiedenen Zeiten von Epiphania (Dreikönig) bis Beltane (Pfingsten), dem keltischen Sommerbeginn, statt und haben sich bis heute im Brauchtum gehalten.
An anderen Orten geht zu Lichtmess der Strohbär um. Er soll helfen, den Winter zu vertreiben. Der Bär bzw. die Bärin kündigt mythologisch den Frühling an.
Am Meißner bei Abterode finden wir den Bärenstein. Er wurde dort von Frau Holle, der großen Göttin, aus ihrem Schuh geschüttelt, oder, einer anderen Version der Sage entsprechend, auf ihrem Daumen vom Meißner dorthin getragen. Im Bärenstein vereinen sich die Göttin, ihr Symboltier und das Brauchtum des Winteraustreibens
Die Bärin war neben der Schlange mythologisch ein weiteres mächtiges Wesen und Symboltier der großen Göttin. Wie die Schlange vermochte auch die Bärin, sich aus sich selbst heraus zu verjüngen. Die Bärin verbrachte den Winter in einer Höhle, der Anderswelt, und verließ diese im Frühling wie wiedergeboren. Sie symbolisierte den ewigen Zyklus von Werden, Sein, Vergehen und Wiederkehr, den ewigen Kreislauf des Lebens. Die Bärin pflegte, nährte und beschützte ihre Jungen lange und mutig und verkörperte symbolisch wesentliche Aspekte der Göttin, wie die Schöpferkraft, die Magie der ständigen Erneuerung, die Beschützerin und die Ernährerin. Die Göttin erschien in den matriarchalen Kulturen ihrem Volk unter anderem als Schlange und Bärin.
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