Symbole: Sinn-Bilder unserer Ahninnen und Ahnen
In dieser Reihe möchte ich auf bedeutende Symbole unserer Ahninnen und Ahnen eingehen, die uns heute noch faszinieren und berühren. Symbole sind Bilder, die nicht das ausdrücken was sie vordergründig darstellen. Ihr tieferer Sinn bezieht sich auf etwas anderes. Symbole sind in ihrer Bedeutung also Sinn-Bilder.
1964 fand L. Vértes bei Grabungen in der mittelpaläolithischen (300.000 bis 40.000 v.u.Z.) Travertin-Siedlung nahe der heutigen Stadt Tata in Ungarn ein Nummulites perforatus (ein Einzeller Gehäuse) von ca. 2,1 cm Durchmesser. Er wurde geschliffen und mit einem scharf in den Stein geritzten Linienkreuz versehen. Es ist eines der ältesten der bisher gefundenen und durch Menschen geschaffenen Linienkreuze.
Bereits diese frühen Menschen erkannten die Ost-West-Achse, jene Achse, die die Auf- und Untergangspunkte der Sonne oder des Mondes verbanden und ihre Welt in zwei Teile halbierte. Die Senkrechte darauf viertelte ihre Welt und stellt ein bis heute gültiges Ordnungsprinzip dar. Wir vierteln immer noch unsere Städte. Die Welt unserer Vorgänger hatte plötzliche einen Mittelpunkt. Er war der Schnittpunkt der zwei Weltenachsen. Von diesem Punkt gingen die vier Himmelsrichtungen aus. Sie endeten in den vier Kardinalpunkten und bildeten im Schnittpunkt vier rechte Winkel. Der Ordnungsbegriff, ein allgemeines Orientierungsgesetz war erschaffen. Die geistige Ordnung des Raumes orientierte sich jetzt nach dem Viererprinzip.
Die Menschheit hatte den festen Punkt im All, den Mittelpunkt des Kosmos gefunden und die Achse, um die sich alles dreht. Ihren Lebensraum, den sie bisher als diffuse Fläche (die mittlere Welt) zwischen den zwei Hemisphären, der oberen Halbkugel, dem Himmel und der unteren Halbkugel der Anderswelt erkannten, erfuhr durch diese Entdeckung Ordnung und Struktur. Jeder der vier Kardinalpunkte bezeichnete eine Weltecke. Aus der sphäroiden Naturwelt heraus entwickelte sich ihre viereckig gedachte Kulturwelt.
Bisher wirkte der Raum auf das Bewusstsein der Menschen unendlich, ohne Grenzen. Der Horizont, symbolisiert durch den Kreis um das Linienkreuz, konnte nie erreicht werden, auch wenn man noch so lange darauf zu marschierte. Durch das Viereck bekam dieser Raum nun Maß und Grenze. Auch heute noch wirken Quadrate und Rechtecke, die aus dem Quadrat heraus konstruiert wurden, seelisch-geistig stabilisierend, zentrierend und ordnend auf uns. Neben dem runden Weltbild gab es jetzt auch ein viereckiges Weltbild
Das Ideogramm des Vierecks konnte einfach aus dem Linienkreuz durch die Verbindung der vier Kardinalpunkte entwickelt werden. Aus dem Mittelpunkt heraus entwickelte sich auch das Oben und Unten. Eine dritte Achse Verband die drei Weltebenen miteinander.
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