Mit der dauerhaften Besiedlung der Erde während der Jungsteinzeit – in Mitteleuropa ab ca. 5.000 v.u.Z. – benötigten die Menschen einen Kalender, der die zyklischen Naturrhythmen ungefähr bestimmbar machte. Die Gesellschaft war von Ackerbau geprägt und die ökonomischen Grundlagen davon abhängig. So entwickelten sie Landschaftskalender erweitert um Steinsetzungen zum Beobachten der Zyklen von Sonne, Mond und weiteren Gestirnen. Sie zeigten ihnen den tiefsten und den höchsten Punkt der Sonne an den Sonnenwenden im Juni den Mittsommer und im Dezember den Mittwinter und die Tage an denen sich Helligkeit und Dunkelheit die Waage halten, an den sog. Tagundnachtgleichen im Frühling und im Herbst. Die Vollmondaufgänge im November und im Februar markieren zusammen mit den Vollmondabgängen im Mai und August die vier wichtigen Punkte des Vegetationsjahres.
Diese vier Vegetationspunkte und die vier Wendepunkte ergeben zusammen ein achtspeichiges Jahresrad, das Rad des Lebens. Dieses Rad des Lebens beschreibt das magische Jahr, den ewigen, heiligen Zyklus vom Werden, Wachsen, Welken und Wiederkehren des Lebens. Die große Ahnin zeigte sich an den einzelnen Punkten des jährlichen Zyklus in ihren Lebensphasen bzw. ihren Aspekten als Jungfrau, Liebesgöttin und weise Alte. Manchmal auch gemeinsam mit ihrem Gefährten, ihrem Heros.
Der Zyklus wurde in acht großen Mysterienfesten, die große Volksfeste waren, gefeiert. Dabei standen die Mysterien, die Geheimnisse des Lebens, Geburt, Liebe, Tod und Wiedergeburt, im Mittelpunkt. Jeder dieser großen Festtage hatte seine eigene Symbolik gebildet aus den Symbolen für die Jahresgöttin bzw. ihres Heros und den entsprechenden Ritualen, getragen von der ganzen Gemeinschaft, die dadurch ihre tiefe und spirituelle Verbundenheit mit der großen Ahnfrau und Mutter Erde zum Ausdruck bringt.
Jetzt zu Mittsommer steht das Myterienfest der Liebe im Zentrum. Die große Ahnfrau zeigt sich als Frau und Mutter, als Herrin von Land und Meer in ihrer Funktion als Schenkerin der Liebe und des Lebens. Es ist die Zeit der heiligen Hochzeit.
Vom Meißner bzw. Weißner bei Kassel wird erzählt, dass sich Frau Holle an schönen Sommertagen auf der Flur mit dem schönen Namen „Morgengabe“ im „Frau Hollen Stuhl“ sitzend mit einem goldenen Kamm ihr goldenes Haar in der Sommersonne strählte.
Frauenhaar hat nach alter Auffassung eine erotische Anziehung. Das strählen des Haares ist eine erotische Symbolik und zieht den Geliebten magisch an. Die goldenen Haare symbolisieren die Sonne, die sie anlocken sollen. Den zu Mittsommer, zu Zeit der Sonnenwende wird die Heilige Hochzeit („hieros gamos“) zwischen Mutter Erde und der Sonne gefeiert. Die Sonne ist der Mythologische Bräutigam der Erde.
So ist es denkbar, dass eine Priesterin als Repräsentantin der Göttin im „Frau-Hollen-Stuhl“ sitzend das Mysterienfest der heiligen Hochzeit mit ihrem Partner zu Mittsommer gefeiert hat.
Die Göttin schenkt der Natur jetzt ihre höchste Lebenskraft. Deshalb sind Kräuter, die zu Mittsommer gepflückt werden, besonders heilkräftig. Auch soll ein Heilbad zur Sonnenwende viel mehr bewirken als unzählige Heilbäder an anderen Tagen.
Die Sommersonnenwende ist wie die Wintersonnenwende eine wichtige Schwellensituation. Das Sonnenjahr tritt jetzt im Laufe seines Jahreszyklus in eine neue Phase ein. Die Tage werden ab jetzt wieder kürzer um zu Mittwinter wieder länger zu werden.
So finden zu dieser Zeit vielfach Schwellenrituale statt. Liebespaare springen, während sie sich fest an der Hand halten, über das Sonnwendfeuer. Je nachdem wie gut oder schlecht das gelingt, können Rückschlüsse auf den weiteren Verlauf der Beziehung gezogen werden.
Im Schweizer Oberengadin, in San Gian, laufen zur Zeit der Sommersonnenwende Mädchen und Buben durch das Dorf, vornehmlich um den Dorfbrunnen. Dort versuche die Buben mit selbst gebauten Wasserspritzen die Mädchen zu bespritzen und diese versuchen dem zu entkommen. Hier scheint noch das Mysterienfest der „Heiligen Hochzeit“ durch.
Wenn du tiefer in diese Thematik eintauchen möchtest, empfehle ich dir das Seminar „Die Göttin und das Rad des Lebens“
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